Warum nutzen Menschen soziale Netzwerke? Warum teilen sie dort Informationen über sich selbst? Und hat das Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden? Das sind Fragen, die sich Eva Buechel und Jonah Berger gestellt haben. In einem Paper gehen sie diesen Fragen nach. Ihre These: bestimmte Online-Verhaltensweisen können für manche Nutzer ein Ventil für Emotionen sein und kurzzeitig das Wohlbefinden erhöhen.
Konkret geht es den Autoren des Papers dabei um das "Microbloggen" auf Facebook (gemeint ist die simple Statusmeldung) und Twitter. Die These geht so weiter: Menschen, die emotional instabil sind, haben häufig Probleme damit, ihre Emotionen offline mit anderen zu teilen. Online ist das weniger furchteinflößend für sie - sie verlassen sich also auf ihre sozialen Online-Netzwerke, um ihre Emotionen zu teilen.
Zuerst haben die Autoren untersucht, wie emotionale Stabilität und die Häufigkeit von Statusposts auf Facebook zusammenhängen. Befragt wurden 140 Studenten mit Facebook-Account. Die Ergebnisse stimmen mit dem überein, was die Autoren vorher vermutet hatten:
- Weniger emotional stabile Personen posten mehr Statusupdates auf Facebook als emotional stabile Personen.
- Weniger emotional stabile Personen drücken in ihren Statusupdates mehr Emotionen aus als emotional stabile Menschen.
- Weniger emotional stabile Menschen nutzen soziale Netzwerke, um dort ihre Gefühle auszudrücken.
Im nächsten Schritt untersuchten die Autoren des Papers, ob die Erkenntnisse nur für die Online-Welt zutreffen, oder auch offline nachzuweisen sind. Ihre These: sie sind nur online so ausgeprägt - weil bei den Betroffenen die Sozialkompetenz nicht ausgeprägt genug ist, ihre Emotionen offline zu teilen. Dazu wurden 92 Internetnutzer ausgewählt und zufällig entweder der "Online"- oder "Offline"-Gruppe zugeteilt. Anschließend mussten sie Fragen zum Teilen von Emotionen beantworten. Dabei zeigte sich wieder, dass emotional weniger stabile Menschen ihre Gefühle vermehrt online teilen - offline verschwindet der Zusammenhang zwischen emotionaler Instabilität und dem Teilen von Emotionen. Oder anders ausgedrückt: Emotional stabile Menschen teilen ihre Gefühle mehr offline mit, emotional weniger stabile Menschen haben das Bedürfnis, ihre Gefühle häufiger zu teilen - offline wäre das meist zu viel. Deshalb teilen sie ihre Gefühle online und offline zu gleichen Teilen mit.
Als letztes untersuchten die Autoren, welche Auswirkungen das Teilen von Emotionen durch Facebook-Statusmeldungen auf die Personen hat. Dazu wurden 174 Teilnehmer vier verschiedenen "Bedingungen" zugeordnet: Sie schrieben entweder
- über ein neutrales Thema
- über ihre Emotionen - im Wissen, dass niemand den Text lesen würde
- über ihre Emotionen - im Wissen, dass eine ihnen bekannte Person den Text später lesen kann
- über ihre Emotionen - im Wissen, dass eine ihnen bekannte Person den Text später lesen und kann und die Möglichkeit hat, darauf zu antworten
Außerdem wurden die Teilnehmer mit negativem Feedback konfrontiert und mussten vor und nach dem Schreiben angeben, wie sie sich fühlten.
Die Ergebnisse sind interessant: Die Auswirkungen emotionaler Stabilität auf das Wohlbefinden hingen von den Bedingungen ab, unter denen die Probanden schrieben. Die ersten drei Konditionen zeigten in etwa das gleiche Ergebnis: weniger emotional stabile Teilnehmer fühlten sich weniger gut als emotional stabile Personen. Emotional instabile Teilnehmer, die in dem Wissen schrieben, dass andere später darauf antworten konnten, fühlten sich ähnlich wohl wie die anderen Teilnehmer.
Das Ergebnis des Papers: emotional unstabile Menschen posten häufiger Statusupdates auf Facebook. Ihr Wohlbefinden von emotional unstabilen Menschen wird dadurch gesteigert, dass sie ihre Emotionen online mit anderen Menschen teilen - in dem Wissen, dass sie potentiell Antworten bekommen können. Das ist in diesem Fall der entscheidende Punkt: nicht das Teilen der Gefühle hilft, sondern das Wissen, dass jemand darauf reagieren kann.
Die komplette Studie kann man hier downloaden.
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