Seit vielen Jahren weiß man (oder kann es zumindest theoretisch wissen, denn das ist ja berechenbar), dass am morgigen Freitag eine (in Deutschland leider nur partielle) Sonnenfinsternis ansteht. Seit einigen Wochen berichten Fachmedien darüber, vor ein paar Tagen haben auch die anderen Medien mit der Berichterstattung begonnen. Entsprechend steigen auch die Google-Suchanfragen nach dem Begriff "Sonnenfinsternis":

Screenshot Google

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Man hätte sich also vorbereiten können und beispielsweise rechtzeitig Sonnenfinsternis-Brillen kaufen, Unterrichtsmaterial besorgen oder Ansätze, wie man eine Sonnenfinsternis im Unterricht (oder im Kindergarten) pädagogisch sinnvoll einbinden kann, überlegen können. Schließlich ist eine Sonnenfinsternis mit bis zu 80% Bedeckung ein seltenes Naturphänomen. Doch leider kommen manche Schulen (oder Kitas, wie mein FR-Kollege hier schreibt) auf die Idee, dass die Sonnenfinsternis gefährlich ist. Statt beispielsweise Schülern ein bisschen "alltagsnahen" Unterricht zu vermitteln, wollen manche Schulen die Schüler während der Sonnenfinsternis hinter verschlossenen Türen halten. Manche gehen gar soweit, die Gardinen zuziehen zu wollen oder (mein persönliches Highlight!) die Fenster mit Schutzfolie abzukleben. Wogegen soll das bitte helfen? Gegen böseböse Sonnenstrahlen, die ins Klassenzimmer eindringen und alle Kinder erblinden lassen?

Ich meine: Ja, Warnungen, dass man nicht ohne Schutz in die Sonne schauen darf, gab es in den letzten Tagen viele. Sehr viele sogar (eine davon auch von mir). Vollkommen zurecht wird gewarnt, denn das Augenlicht ist wirklich zu kostbar, um es für einen kurzen Blick auf die Sonnenfinsternis aufs Spiel zu setzen.

Aber: Mancher bekam die Warnung anscheinend in den falschen Hals, hat sie falsch verstanden oder was auch immer. Das Sonnenlicht während der Sonnenfinsternis ist nicht gefährlicher oder ungefährlicher als an anderen Tagen. Es wird nur für eine relativ kurze Zeit einfach weniger. Die Warnungen werden nur so extrem betont, weil ein seltenes Ereignis wie eine Sonnenfinsternis dazu verleitet, zu lange in die Sonne zu schauen (was man sonst niemals tun würde, weil es unangenehm hell ist). Bei einer Sonnenfinsternis will man dagegen nichts verpassen - und riskiert im schlimmsten Fall sein Sehvermögen, weil das Auge keine Warnsignale gibt, bevor es zu spät ist.

Liebe Lehrer * Liebe Schulämter oder wer auch immer die Verbote ausgegeben hat: wäre es nicht (pädagogisch) sinnvoller, mit denSchülern Lochkameras zu bauen, die Sonne mit Spiegeln zu projizieren oder einfach eine Sternwarte o.ä. in der Nähe zu besuchen? Wollt ihr den Schülern wirklich ein so seltenes Naturspektakel vorenthalten? Für eine Lochkamera braucht man übrigens nur Materialien, die man im Haushalt hat, die Bastelarbeit dauert maximal fünf Minuten (Bastelanleitung vom Haus der Astronomie). Auch mit das Projizieren mit dem Taschenspiegel ist kein Hexenwerk (Anleitung von Daniel Fischer).

Allerhand Lustiges und auch Gefährliches rund um die Sonnenfinstenris hat Stefan Gotthold in seinem Blog gesammelt.

* korrigiert nach einer Anmerkung über Facebook: Die Anweisung kommt ja nicht von den Lehrern, sondern von den Etagen darüber.

Tanja Banner

Tanja Banner (geb. Morschhäuser), Online-Journalistin und Bloggerin mit Interesse an Social Media, Astronomie und Raumfahrt. Bücherwurm. Fan des FC Bayern. Pendlerin. Online-Redakteurin bei der Frankfurter Rundschau.

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