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Buchkritik: „The Martian“ von Andy Weir

Pathfinder (unten) und der Rover Sojourner auf dem Mars. © NASA

Pathfinder (unten) und der Rover Sojourner auf dem Mars. © NASA

Oft passiert es mir nicht, dass ich ein Buch Jahre nach der Veröffentlichung in die Hände bekomme und mich sofort frage, warum ich nicht schon viel früher darauf aufmerksam wurde. Und es passiert mir auch nicht oft, dass ich durch eine Filmankündigung auf ein Buch aufmerksam werde und es dann noch schnell lese, bevor der Film veröffentlicht wird. Beides trifft bei mir auf genau zwei Bücher (bzw. eine Reihe und ein Buch) zu: Die "Herr der Ringe"-Trilogie von J.R.R. Tolkien und "The Martian" von Andy Weir. Um letzteres Buch soll es hier gehen.

Aufmerksam wurde ich auf "The Martian", weil plötzlich meine Astro-/Raumfahrt-Filterblase auf Twitter über den Film sprach, der für den Herbst angekündigt ist. Ich fackelte nicht lange - ein Buch, in dem es um den Mars geht, kann nicht schlecht sein. Also kaufte ich es und begann zu lesen - und fand mich im wahrsten Sinne des Wortes in einer anderen Welt wieder. Denn wie der Titel es schon andeutet, spielt das Buch zu einem Großteil auf dem Mars. Dort ist gerade die bemannte Mars-Mission "Ares 3" in vollem Gang beziehungsweise gerade dabei, gründlich schiefzugehen. Wegen eines Sturms evakuieren die sechs Astronauten ihre Station auf dem Mars und machen sich auf den Weg zu ihrem Raumschiff. Auf dem Weg müssen sie einen Astronauten zurücklassen, weil er tot zu sein scheint. Doch Mark Watney hat überlebt, nur durch einen unglücklichen Zufall erkennen die übrigen Astronauten das nicht und verlassen den Mars fluchtartig ohne ihren Kollegen.

Einsamer Kampf gegen die Zeit und die Umstände

Watney bleibt alleine zurück (nur durch einen glücklichen Zufall hat er überlebt) und hat nun vor allem eine Aufgabe: Überleben. Und das nicht irgendwo, sondern auf einem Planeten, auf dem die Wissenschaft zwar immer wieder nach Anzeichen früheren Lebens Ausschau hält, der aber für den Menschen nicht gerade ein lebensfreundliches Umfeld bietet: Es ist kalt, die Atmosphäre ist dünn und es gibt weder Wasser noch Sauerstoff noch Nahrung. Mit dem, was die geflüchtete Crew zurückgelassen hat und was eigentlich nur für einen begrenzten Aufenthalt gedacht war, muss Watney vier Jahre überleben. Erst dann erreicht die nächste bemannte Mission den Mars - an einer Landestelle, die sich mehrere tausend Kilometer entfernt befindet. Als kleiner "Bonus" hat Watney keine Möglichkeit, mit der Erde zu kommunizieren.

Im Verlauf der Geschichte bekommt der Leser immer wieder einen kleinen Chemie-Crashkurs: Wie gewinnt man aus den vorhandenen Vorräten möglichst viel Wasser und wie kann man dieses Wasser immer wieder nutzbar machen? Können die Kartoffeln, die die Astronauten eigentlich zu Thanksgiving gemeinsam verspeisen sollten, auf dem Mars wachsen und so das Überleben Watneys sichern? Er macht sich an die Arbeit - schließlich war er der Botaniker der Mission und hat auch etwas Erde für Experimente dabei. Gleichzeitig war er auch der Ingenieur der "Ares 3"-Mission, was ihm dabei hilft, aus den vorhandenen Vorräten und Instrumenten allerhand nützliche Dinge zu basteln.

Und er lebt doch noch

Während Watney noch überlegt, wie er irgendwie vier Jahre auf dem Mars übersteh (die Knackpunkte: Wasser, Kalorien und Sauerstoff), stellt man dank Satellitenaufnahmen von der Erde aus fest, dass Watney doch noch lebt. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Wie in jedem guten Buch gibt es Fortschritte, erstaunliche Wendungen und immer wieder neue Probleme, die dem "Marsianer" das Überleben nicht gerade einfach machen. Ob er es am Ende schafft, werde ich natürlich nicht verraten. Aber mein persönliches Highlight des Buchs muss ich schildern...

(****ACHTUNG! Kleiner Spoiler ab hier****)

Watney sitzt alleine auf dem Mars und kann nicht mit der Erde kommunizieren. Er weiß daher auch nicht, dass die halbe Welt ihn von der Erde aus mittels Satellitenaufnahmen beobachtet und mit ihm mitfiebert. Er bereitet einen seiner zwei Rover für die lange Reise zum Landepunkt der nächsten Mars-Mission vor und bricht schließlich mit dem umgerüsteten Rover auf zu einem langen Praxistest. Von Watney (der durch Logbuch-Einträge seine Geschichte selbst erzählt) erfährt der Leser nicht, wohin die Reise geht. Zusammen mit den Beobachtern auf der Erde rätselt der Leser also, was Watney da wohl tut und wohin er fährt - bis sich plötzlich herausstellt, dass er die Landestelle des Rovers "Sojourner" und des Mars-Landers "Pathfinder" anpeilt. Die beiden befinden sich seit 1996 auf dem Mars, seit 1997 sind sie inaktiv, doch möglicherweise kann ein Mensch die Kommunikationsprobleme der beiden Geräte beheben - und so wieder mit der Erde kommunizieren...

(****Spoiler-Gefahr zu Ende****)

Was ich an dem Buch besonders mag, ist die geschickte Kombination von Realität (Bedingungen auf dem Mars, die tatsächlich existierenden Mars-Rover etc.) mit Science Fiction. Nichts wirkt übertrieben dargestellt - im Gegenteil: Man kann sich gut vorstellen, dass es die geschilderten Möglichkeiten in der nicht allzu fernen Zukunft tatsächlich geben wird (ein genaues Jahr, wann die Geschichte spielt, wird im Buch übrigens nicht genannt - hier kann man mehr dazu lesen). Auch der Charakter von Watney selbst ist ziemlich gut gelungen - er ist zwar verzweifelt, legt aber immer wieder MacGyver-artiges Geschick an den Tag, wenn es darum geht, irgendwie wieder sein eigenes Leben zu retten. Und Witze reißt er zwischendurch auch noch. So macht das Spaß.

Deshalb bin ich auch äußerst gespannt auf die Verfilmung mit Matt Damon, die für den Herbst angekündigt ist. Ein kleines charmantes Detail aus einem Trailer macht mir den Film schon jetzt sympathisch: Der deutsche Astronaut Alex Vogel hat im Film wohl nicht nur ziemlich wenige Haare, sondern kommt auch noch aus Künzelsau - das erinnert doch stark an den deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst und ist eine wirklich nette Idee.

Tanja Banner

Tanja Banner (geb. Morschhäuser), Online-Journalistin und Bloggerin mit Interesse an Social Media, Astronomie und Raumfahrt. Bücherwurm. Fan des FC Bayern. Pendlerin. Online-Redakteurin bei der Frankfurter Rundschau.

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3 Kommentare

  1. Kann mich deiner Buchkritik nur anschließen. „Der Marsianer“ habe ich seit in weniger als zwei Wochen durchgelesen, was für mich echt schnell ist… Für die Verfilmung mit Matt Damon bin ich übrigens echt froh, dass es noch kein Geruchskino gibt. :-)

  2. Geruchskino? Besser nicht! (Alleine die Vorstellung…)

  3. Das Buch ist wirklich große Klasse. Beim Kinofilm bin ich mir nicht so sicher. Normalerweise sind die Bücher immer viel besser. Ich bin mal gespannt :-)

    VG,
    Fabian

    P.S. Ja, ein Geruchskino wäre auch nichts für mich (obwohl es eine gute Idee wäre…hehe)

1 Pingback

  1. @cassiopeia

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