Wie bist du zum Laufen gekommen?
Ich sitze den ganzen Tag in einem Büro am Schreibtisch und habe einen Ausgleich dafür gesucht. 1998 habe ich dann mit dem Laufen angefangen.
Konntest du gleich eine längere Strecke laufen oder musstest du praktisch „bei Null“ anfangen?
Ich habe mit einem Wechsel aus Gehen und Laufen begonnen: Erst drei Minuten laufen, dann eine Minute gehen. Das Ganze habe ich dann langsam gesteigert, bis ich eine halbe Stunde am Stück laufen konnte. Dann hat es sich praktisch von alleine weiterentwickelt: Ich habe 2001 zum ersten Mal an einem Volkslauf teilgenommen und habe es genossen, mich mit anderen zu messen.
Und wie ging es dann weiter?
Ich hatte das Glück, mit einem Arbeitskollegen trainieren zu können, der früher ein guter Wettkampfläufer war. Wir haben uns gegenseitig motiviert und so bin ich zum leistungsorientierten Laufen gekommen.
Im Jahr 2002 habe ich mir das Ziel gesetzt, die Zehn-Kilometer-Strecke unter 40 Minuten zu laufen. In Läuferkreisen markiert diese Zeit die Grenze zwischen einem „Jogger“ und einem „Läufer“. Beinahe hätte ich es auch geschafft: Den Frankfurter Silvesterlauf 2002 habe ich mit einer Zeit von 40 Minuten und 3 Sekunden beendet.
Das war knapp!
Ja, aber ich habe dann kurze Zeit später die „Schallmauer“ durchbrochen und bin schon im Juli 2003 meinen ersten Halbmarathon gelaufen – das ist übrigens eine Strecke von 21,1 km.
Und hast du durchgehalten?
Ja. Im Herbst habe ich gleich noch einen zweiten Halbmarathon angehängt.
Wann hast du nach diesen Erfolgen das erste Mal geglaubt, einen Marathon laufen zu können?
Nach den beiden Halbmarathons war ein Marathonlauf mein Ziel für 2004. Für mein Debüt habe ich mir den Kandel-Marathon im März ausgesucht und habe mich mit einem speziellen Trainingsplan darauf vorbereitet. Dummerweise habe ich mir dann eine Woche vorher eine Muskelverhärtung in der linken Wade zugezogen.
Konntest du dann überhaupt teilnehmen?
Ich war mir auch am Tag des Marathons noch nicht sicher, ob mein Bein mitmachen würde. Aber ich hatte ja auch die Option, auf die Halbmarathon-Strecke abzubiegen. Also bin ich gestartet.
Wie ging es dir mit deiner Verletzung? Konntest du den Marathon zu Ende laufen?
Auf den letzten Kilometern ging es mir dann doch ganz schön schlecht und ich musste öfters stehen bleiben, um mein Bein zu strecken und zu dehnen. Aber ich habe durchgehalten und bin mit einer Zeit von 3 Stunden und 6 Minuten ins Ziel eingelaufen.
Gehen wir doch gedanklich noch einmal zurück zu den Minuten direkt vor dem Start. Was denkt man, wenn man dort steht und weiß, dass man jetzt 42,2 Kilometer vor sich hat?
Man hofft, dass man gut durchkommt und seine Wunsch-Zeit erreicht, weil man ja sein ganzes Training darauf ausgerichtet hat. Einen Marathon kann man schließlich nicht jede Woche laufen, höchstens zwei Stück im Jahr, wenn man gute Zeiten laufen will.
Was macht für dich den Reiz an einem Marathon aus?
Es ist eine Herausforderung, die man bestehen will. Man will sehen, ob man diese große Distanz schafft, ob man überhaupt durchkommt und ob man am Ende eine gute Zeit laufen kann. Einen Marathon durchzustehen ist wie ein Sieg über sich selbst, weil man sich immer wieder zwingen und überwinden muss.
Und wie fühlt man sich, wenn man sich selbst bezwungen hat und einen Marathon zu Ende gelaufen ist?
Da hat man die unterschiedlichsten Gedanken und Gefühle, von der Erleichterung es geschafft zu haben bis hin zu totaler Euphorie.
Bist du bis jetzt immer dazu fähig gewesen, einen Marathon bis zum Ende durchzulaufen oder bist du auch schon vor dem Ziel ausgestiegen?
Ich bin bis jetzt drei Marathons gelaufen und musste meinen letzten, den Würzburg-Marathon, nach 24 Kilometern abbrechen. Während des Laufs habe ich leider Muskel-Probleme bekommen.
Was ist das für ein Gefühl, einen Marathon abbrechen zu müssen?
Kein Gutes, weil ich mich auf diesen Marathon sehr intensiv vorbereitet hatte. Ich war vorher unter anderem in einem 2-wöchigen Trainingslager in der Türkei. Außerdem war meine Form sehr gut und ich hatte mir eine entsprechende Endzeit erhofft. Im Nachhinein hätte ich mit meiner Zielzeit sogar den Titel des bayr. Marathonmeisters in meiner Altersklasse erlaufen können. Ich habe sehr viel in meine Vorbereitung investiert: Training, die entsprechende Ernährung und Lebensweise. Das war dann mit dem Abbruch alles umsonst und ich stand mit leeren Händen da. Es ist schon eine große Enttäuschung, abbrechen zu müssen.
Wie sieht es nach diesem Abbruch mit deiner Motivation aus? Kannst du dich kaum noch motivieren oder war das eher ein Ansporn für dich?
Für mich persönlich ist es ein Ansporn: Nach dem Abbruch in Würzburg wollte ich meine gute Form nutzen und drei Wochen später beim Mainz-Marathon laufen. Leider waren jedoch meine Muskel-Probleme zu groß und ein zweiter Ausstieg hätte mir dann doch die Motivation genommen. Im Herbst versuche ich mich aber wieder auf dieser Distanz
Du läufst jetzt seit etwa sieben Jahren. Hat das Laufen dein Leben, deine Gewohnheiten und dich in irgendeiner Weise verändert?
Es beeinflusst meinen ganzen Tagesablauf, vor allem dann, wenn ich so intensiv trainiere wie in der letzten Zeit. Natürlich muss dazu das Umfeld stimmen, der Partner und die Familie müssen das Laufen akzeptieren und mittragen, sonst ist so etwas kaum möglich. Für mich bleibt im Moment auch kaum Zeit für Dinge außer arbeiten und laufen.
Vielen Dank an Edgar für das Interview!
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